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Rettet die Familie! Antwort auf einen Leserbrief

 
04. Oktober 2009
Rettet die Familie! Antwort auf einen Leserbrief
Kategorien: Politik | Besser lernen

 
foto: pixelio

Die bedrohte Familie

Herr Moitje fragte mich in seiner Zuschrift zu »Rettet die Familie« (15. September 2009):

1. Wie sieht Ihr persönliches Familienbild aus?
2. Warum und wie hat sich Ihrer Meinung nach die Familie vor allem in der letzten Dekade verändert? Sie sprechen hier von Jahrzehnten. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?
3. Wie sehen Ihre persönlichen familienpolitischen Vorstellungen für die Zukunft aus und welchen Beitrag können LehrerInnen für den Erhalt der Familie leisten?


Hier ist meine Antwort

Sehr geehrter Herr Moitje,

zunächst bitte ich um Entschuldigung für die lange Zeitspanne, die zwischen Ihrem Eintrag und meiner heutigen Reaktion liegt. Mir persönlich wäre auch lieb, wenn mir mehr Zeit für die redaktionelle Arbeit zur Verfügung stünde, als dies der Fall ist. Dazu kommt, daß sich Fragen dieser Art nicht leichthin und nebenbei beantworten lassen; ich muß mir Gedanken dazu machen, und das braucht seine Zeit.

1. Sie fragen, wie mein persönliches Familienbild aussieht ...
Das kann ich nur auf indirektem Wege umschreibend beantworten. Nehmen wir zuerst die Organisationsform. Familienmitglieder leben gemeinsam an einem Ort - in einem Haus. Sie sind einander also physisch nahe, teilen die Gegenstände des täglichen Lebens, sorgen füreinander. Und dies nicht nur für einige Stunden pro Tag oder Woche, sondern den überwiegenden Teil des Tages. Das Familienbild bekommt einen Riß, wenn Familienmitglieder (z.B. Kinder) den größten Teil der Wachzeit außer Haus verbringen und evtl. nur noch zum Schlafen nach Hause kommen.
Familie ist darüber hinaus durch emotionale Verbundenheit der Mitglieder eine Schutzgemeinschaft. Man steht füreinander ein, teilt, hilft, sorgt.
Familie ist außerdem die erste Erziehungsinstanz der nachfolgenden Generation. Traditionen, Sitten, Gebräuche, Riten werden innerhalb der Familie weitergegeben. Dies findet teils nebenbei im Lebensalltag statt, teils erfolgt Erziehung auch bewußt. Die Grundlagen für sittliches Verhalten, gesellschaftliche Anpassung und späteres abstraktes Lernen werden in der Familie gelegt. Die Eltern sind Vorbild.

2. Was sich bezüglich dieses Familienbildes verändert hat und wie ich es bewerte ...
In allen Kulturen und Gesellschaften der Welt stellt sich die Familie traditionell als Lebensgemeinschaft dar. Wenn man den Begriff »Familie« nicht mißbrauchen und zweckentfremden will, so ist damit auch eine Erwerbs- und Eigentumsgemeinschaft gemeint. Eine solche kann nur dann aufrechterhalten werden, wenn sie wirtschaftlich autonom ist. Wirtschaftlich autonom, das bedeutet: die Familie kann sich selbst erhalten, sie kann das Leben ohne Zuschüsse von außen bestreiten, kraft eigener Arbeit. Dieser ideale Zustand ist längst verloren, denn die heute üblichen staatlichen Zuschüsse und Unterstützungsaktionen (z.B. Kindergeld, Wohngeld usw.) bringen zwar vordergründig wirtschaftliche Entspannung, machen Familien aber abhängig und öffnen amtlichen Eingriffen Tür und Tor. Unmerklich und allmählich gerät damit die Familie über den Weg der Subvention in die Rolle des Befehlsempfängers. Eltern müssen es sich gefallen lassen, wenn der Staat ihnen verbindlich und strafbewehrt vorschreibt, ihre Kinder ab einem gewissen Alter außer Haus in Krippe oder Kindergarten betreuen zu lassen.
Mütter sind heute aufgrund der hohen Steuerbelastung gezwungen, für das Familienbudget mitzuarbeiten - viele von ihnen Vollzeit. Daher werden Kinder zwangsläufig immer mehr der kollektiven Betreuung überlassen. Das Ergebnis einer jahrzehntelang betriebenen Beschäftigungspolitik durch hohe Besteuerung: die klassische Familie zerfällt, der beschauliche und damit erfreuliche Teil des Familienlebens findet aus Zeitmangel kaum noch statt. Statt dessen prägen Streß und Ärger das Restzusammensein. Wen wundert es, wenn junge Männer und Frauen angesichts dieser Unerfreulichkeiten überhaupt keine Familie mehr gründen wollen?

Sie sehen, sehr geehrter Herr Moitje, wie schwer es mir fällt, mich knapp zu Ihren Fragen zu äußern. Die derzeitige Entwicklung ist nur zu verstehen, wenn die wirtschaftlichen und politischen Bedingungen in die Betrachtung hineingenommen werden. Ich fasse zusammen:

Unter Familie verstehe ich eine wirtschaftlich unabhängige und selbstverantwortliche Lebensgemeinschaft, bestehend aus Eltern, Kindern und eventuell Großeltern bzw. anderen Verwandten mit gemeinsamem Wohnbereich. Das setzt die Möglichkeit der Vermögensbildung kraft eigener Arbeit voraus. Die Besteuerung von Familien muß angemessen sein; Frauen sollten nicht aus wirtschaftlichen Gründen zur außerhäusigen Arbeit gezwungen sein. Sie sollten sich frei entscheiden dürfen, ob sie für ihre Kinder in betreuungsbedürftigem Alter zu Hause bleiben wollen oder nicht.
Die Familie ist einem allmählichen Zerfall ausgesetzt, wenn sich deren wirtschaftlichen Grundlagen durch gesellschaftspolitische Eingriffe allmählich verschlechtern. Hand in Hand damit geht ein allgemein spürbar werdender sittlich-kultureller Zerfall einher. Kinder wachsen wurzellos und ohne ausreichende Nestwärme heran. Das vermindert ihre intellektuellen Fähigkeiten. Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind in unseren Schulen schmerzlich spürbar.

3. Sie fragen, was Lehrer tun können ...
Da der einzelne von uns auf die derzeitige politische und wirtschaftliche Situation keinen direkten Einfluß nehmen kann, sind Änderungen nur im kleinen Bereich des eigenen privaten Umkreises möglich. Können wir da überhaupt etwas tun? Versuchen wir es - wirken wir dort, wo wir hingestellt sind!

Möglichkeiten für Erwachsene, die Kinder betreuen:

• Kinder als das nehmen, was sie sind, nämlich Kinder, und keine selbstverantwortlichen kleinen Erwachsenen, denen man Entscheidungsfreiheit in komplexen Lebensfragen zumuten kann
• Kindern den altersentsprechenden Halt geben, dessen sie bedürfen; viele der moderne Erziehungs- und Lernmethoden überfordern, sind abstrakt und verunsichern
• Kindern geduldig, wohlwollend, aber zielgerichtet kulturelle Techniken und zivilisierte Verhaltensweisen vorzeigen (Vorbild) und gemeinsam mit ihnen einüben
• eine Tagesroutine einhalten: wiederkehrende Rituale und Gewohnheiten sind für uns alle ein Lebenskorsett, das Sicherheit bei allen Bewegungen bietet (z.B. gemeinsamer Tisch, feste Essens- und Bettzeiten, Trennung von Arbeit und Freizeit ...)
• Kinder fördern und fordern und mit fester Hand zu Höchstleistungen anspornen (keine Angst vor Unterschieden! Unterschiede sind Leben!); sie mit Respekt behandeln und dennoch führen ...

Man könnte die Aufzählung fortführen. Aber Sie werden sicher anhand dieser wenigen Beispiele selbst weitere finden.

Was ist noch zu tun? Es steht mir nicht an, politische Bewertungen abzugeben oder Ratschläge dahingehend zu erteilen, was gesellschaftlich geändert werden sollte. Ich gebe jedoch zu bedenken, daß jede staatliche Hilfe für Familien ein Danaergeschenk darstellt, und daß Familien besser daran täten, nicht ständig nach staatlicher Unterstützung zu rufen. (Zumal sie diese finanziellen Zuwendungen ohnehin durch steuerliche Abgaben selbst bezahlen.)
Der Mensch ist ganz und gar nicht begabt, sich die Zukunft auszumalen. Die Folgen unseres Tuns kalkulieren wir selten ein, vor allem weil es ohnehin meist anders kommt, als man denkt. Und doch ist manches vorhersehbar.

Die Familie ist für den Staat, das friedliche Zusammenleben und den wirtschaftlichen Wohlstand unentbehrlich, deshalb sollten wir uns - jeder so, wie er kann und wo er steht - für deren Stärkung und Erhalt einsetzen. In Gespräch und Tat.

Danke für Ihr Interesse, Herr Moitje, Danke für Ihre Geduld!
Ihre

Karin Pfeiffer 

 


Kommentare zu diesem Beitrag:
von Marita Braun (14. November 2011, 17:39):
Dieser Beitrag gefällt mir außerordentlich gut. Wie konnte ich ihn bloß so lange übersehen!?
Wahrscheinlich liest kein Mensch mehr meine Meinung, sie zu äußern ist mir dennoch ein Anliegen.
 

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