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01. Juni 2011 |
Kategorie: Schule |
| Als ich mir vor einigen Jahren bei einem Sturz das linke Handgelenk brach, war es vorerst mit dem Schnelltippen auf der Tastatur des Computers vorbei. Mühsam suchte ich mir die Buchstaben zusammen und bastelte meine Texte. Dabei fiel mir auf, wie sehr das zeitraubende Suchen nach den richtigen Buchstaben auf der Tastatur den Denkprozeß behinderte. Vom Inhalt des Schreibens wurde meine Aufmerksam abgelenkt auf den mechanischen Vorgang. Ich griff also zum Füller und schrieb wieder per Hand. Dabei ging mir auf: das Schreiben auf der Tastatur ist eine feine Sache. Es geht rasch der Denkfluß bleibt ungestört. Voraussetzung ist die Beherrschung des Zehnfingersystems und das automatisierte Tippen. | Wer sich auf der Tastatur die Zeichen und Buchstaben erst zusammenpuzzeln muß,verliert den gedanklichen Faden. Inhaltlich konstruktives Denken ist nur schwer aufrechtzuerhalten, wo Form und Handwerklichkeit fehlen. Mit einem Mal stand mir vor Augen, wie wichtig es ist, die Kunst des Schreibens per Hand zu beherrschen. In meinem konkreten Fall sorgte dies für die störungsfreie Fortsetzung meiner Tätigkeit, weil zum Schreiben mit Füller nur eine Hand nötig ist und nicht zwei, wie es das Tippen auf Tastaturen erfordert. | Die Handschrift unserer Kinder ist heute deutlich schlechter als die früherer Generationen. Schönschreiben an Schulen wird kaum noch gepflegt, man hält dies für Zeitverschwendung. Die Schriftkultur ist auf dem Rückzug. Kinder fragen: Weshalb soll ich per Hand schreiben lernen? Geht es nicht auf der Tastatur besser? Und Erwachsene, von vermeintlicher Zeitnot bedrängt, finden keine überzeugenden Argumente dagegen. Das ist, wie ich meine, ein Fehler, dessen Folgen sich später unangenehm bemerkbar machen werden. | | Die Zeit, die wir mit Hilfe der Technik einsparen, ist schlecht investiert. Die Bequemlichkeit, sich das Schreiben per Hand zu ersparen, müssen unsere Kindern später teuer bezahlen, denn ... ... Lesen ist Schreiben im Gehirn Französische Wissenschaftler haben herausgefunden, daß beim Schreiben und Lesen das motorische Gedächtnis aktiv wird. Wir fühlen die Buchstaben beim Schreiben, und das Gehirn »schreibt« sie mit. Das sind mikromotorische Bewegungen, die sich in der Gehirnrinde eingraben. Wer per Hand schreibt, kann das Alphabet besser behalten. Kinder, die nicht per Hand schreiben lernen, sondern gleich am Computer tippen, geraten gegenüber den Handschreibern schon bald ins Hintertreffen — und zwar nicht nur beim Schreiben, sondern auch beim Lesen! Dieselbe Erfahrungen hat man bei Versuchen mit Erwachsenen gemacht. Schreib- und Leseleistungen von »Nur-Tippern« sind deutlich schwächer. Der Computer ist eine feine Sache. Aber man kann ihn nicht für alles brauchen. Alles zu seiner Zeit, und alles an seinem Ort. | | Damit kein Mißverständnis entsteht: Es geht um den Beginn des Lernens! Wer bereits eine gute Handmotorik ausgeprägt hat und auch leserlich schreiben kann, wird ohne Nachteile am Computer arbeiten können. Es ist die Reihenfolge des Lernens, die bestimmend wirkt: zuerst Handschrift, dann Tippen — nicht umgekehrt! Ein guter Handschreiber wird immer auch gut tippen lernen. Umgekehrt ist es schwierig. | Weitere interessante Einblicke zum Schreiben und Lesen wird der Band »Handschrift-Trainer« enthalten, der zur Zeit in Vorbereitung ist. Soviel schon: Es lohnt sich in jedem Lebensalter, die Handschrift aufzupolieren. Ist doch Handschrift kein Selbstzweck, sondern ein Kommunikationsmittel, das sich auch an andere Menschen richtet. Eine gefällige und gut lesbare Handschrift macht nicht nur klug, sie erfreut uns auch und ist obendrein ein Stück Kultur, das wir nicht leichtfertig aufgeben sollten. Karin Pfeiffer
| Fotos zum Computer: beide pixelio |
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