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Was Experten so empfehlen

 
03. Mai 2015
Was Experten so empfehlen
Kategorie: Besser lernen

Lesen und Schreiben lernen

Der Mensch lernt durch Nachahmen. Selbst als Erwachsene schauen wir immer und überall: Was tun die anderen? Wie tun sie es? Und danach richten wir unser eigenes Denken und Handeln aus. Schulkinder lernen das Lesen und Schreiben ebenfalls durch praktisches Nachahmen. Allerdings haben Leute, welche sich Experten auf dem Gebiete der Pädagogik nennen, diese alte Weisheit auf den Kopf gestellt. Sie wollen uns weismachen, es gehe umgekehrt. Diese Kathedergelehrten, die selbst nicht einmal Lehrer sind, verkünden aller Welt, unsere Kinder müssten zuerst verstehen, was sie tun, ehe sie das noch nicht Beherrschte zu tun lernen. Hier ein Zitat aus dem realen Fortbildungsbetrieb der Schulpädagogik: „Erst wenn die Kinder so weit sind, dass sie verstanden haben, wie das Lesen und Schreiben grundsätzlich geht und wofür man es braucht, können Lese- und Rechtschreibübungen sinnvoll werden.“

Da drängt sich gleich die Frage auf, weshalb Kinder, die wissen, „wie das Lesen und Schreiben grundsätzlich geht“, überhaupt das Schreiben lernen sollen. Verstandesmäßige Einsicht und Handeln sind zweierlei. Einsicht in die Notwendigkeit gewisser Handlungsweisen besitzen wohl die meisten von uns. Kein Fahrschüler müsste demnach praktische Fahrstunden nehmen, kein Musiker auf dem Instrument üben. Das theoretische Reflektieren würde vollkommen genügen, um es in jedem Fach zur Meisterschaft zu bringen. Und doch wissen wir aus eigenem Erleben: Es kommt nicht darauf an, was ich mir vornehme, sondern auf die praktische Heranbildung guter Gewohnheiten. Der Wille allein versetzt keine Berge, wenn nicht Durchhaltevermögen und Geduld hinzukommen. Dazu fällt mir ein Spruch ein, den ich einmal gelesen habe - die Qelle habe ich mir nicht notiert: „Ich habe einen unheimlich starken Willen: Ich habe mir fest vorgenommen, nicht mit dem Rauchen aufzuhören, und das schaffe ich auch.“ 

Aber zurück zu unseren Experten und Expertinnen. Das Zitat im ersten Absatz stammt nämlich von einer „Fachfrau“. Diese Dame verkündet von ihrem akademischen Pult herab die Botschaft, das Sprechen über die Rechtschreibung verhülfe zu einer besseren Orthographie. Lassen wir sie selbst zu Wort kommen: „Die täglichen Gespräche über die Rechtschreibung, bei denen immer wieder alle möglichen Rechtschreibphänomene aufgegriffen werden, helfen den Kindern, ein Rechtschreibbewusstsein zu entwickeln und bieten ihnen zu unterschiedlichen Zeiten die Möglichkeit, genau da anzuknüpfen, wo sie sich gerade in ihrem Entwicklungsprozess befinden.“
Diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Verstehen muss man daran nichts, denn es handelt sich um eine der gewaltigen rhetorischen Blähungen wie sie seit Jahren der pädagogischen Pseudowissenschaft entfahren. Je weniger hinter den Sätzen von Experten steckt, desto aufgeblasener der Jargon. Kompetenz wird nur vorgegaukelt, die Pädagogik neu erfunden. 
Doch die Realität holt jeden, der mit Kindern lernt, rasch auf den Boden zurück. Wer Kinder unterrichtet - sei es in der Schule oder bei häuslicher Nachhilfe, erkennt, dass es allein mit frommen Reden und Erklären nicht getan ist. 

Hiermit ermuntere ich Eltern und Lehrer, sich auf eigene Einsicht und Intuition zu verlassen. Die Praktiker unter uns wissen am besten, wie man mit Kindern lernt. Sie wissen, dass in den ersten Lernjahren das Reproduzieren und das reproduzierende Üben an erster Stelle jeder Unterrichtstätigkeit stehen muss. Es lässt sich täglich beobachten, mit welcher Freude Kinder übend lernen, wenn sie dazu liebevoll, aber konsequent angeleitet werden. Der Verzicht auf einen regulären Lese-, Schreib- und Rechenunterricht ist verantwortungslos. Die Kulturtechniken können nicht von jeder Generation neu erfunden lernen. Sie sind, seit die Zivilisation besteht, von den Älteren an die Heranwachsenden vermittelt worden. Ohne Kulturtechniken gibt es keine Bildung. So ist das, auch wenn sich gewisse Experten oder Expertinnen auf den Kopf stellen mögen. Lassen wir sie diese Turnübung machen. Das Blut wird ihnen in den Kopf steigen und vielleicht für bessere Einsichten sorgen.

Verena Katerle


Kommentare zu diesem Beitrag:
von B. L. (07. Mai 2015, 09:49):
So ist es, Frau Katerle! Mich erstaunt immer wieder, welchen Quatsch sich die Leute einreden lassen, wenn er denn nur selbstbewusst und mit dem Anschein großer Kompetenz vorgetragen wird.
 
von Rita (28. Mai 2015, 22:16):
Ich frage mich immer mehr, ob der Irrsinn in der Bildungspolitik und Lernmethodik wirklich nur auf mangelndem Wissen beruht oder nicht auf bewusstem Handeln gegen besseres Wissen. So viel Dummheit kann es doch gar nicht geben, vor allem nicht bei Menschen, die als Fachleute gelten.
 

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