Zur Zeit haben Schulen viel Arbeit mit der Entwicklung einer Art Leistungsprofil, das als sichtbares Zeichen der neuen schulischen Behörden-Unabhängigkeit, genannt Autonomie, übergestreift werden soll wie ein Karnevalskostüm.
Hinter dem verlockenden Autonomieversprechen verbergen sich allerdings handfeste bürokratische Machtgelüste. Wie wird den Schulen diese „Autonomie“ denn angeboten? Die Lehrer sollen sich und ihren Unterricht unentwegt „evaluieren“ und damit zeigen, ob sie überhaupt zur neuen Freiheit fähig sind. Argwöhnisch folgt ihnen dabei der Blick von Schulräten und anderen Aufsichtsbeamten. Ja, die Freiheit ziert sich, sie will erkämpft werden! Allerorten, wo Menschen wirken, läßt sich diese Beobachtung machen: unübersichtliche Situationen lösen eine bestimmte Verhaltensweise aus, die offensichtlich universell ist. Was der Mensch verbessern oder in den Griff bekommen möchte, wird in immer kürzeren Abständen überprüft und begutachtet, bis aus Zeitgründen vor lauter Prüfen und Begutachten eine Weiterentwicklung der geprüften Sache gar nicht mehr möglich ist. Im ständigen Messen und Wiegen der widerspenstigen Schöpfung drückt sich eine Art hilfloser Wut aus. Cui bono? Was die Autonome Schule betrifft: Strategisch ist das Evaluieren eine bürokratische Ersatzvariante für pädagogisches Wirken, ergo ohne praktische Bedeutung für dessen Erfolg. Die Lehrer haben viel zu tun, um sich für die neue Freiheit zu bewähren - und die Kinder kriegen auch was von dem Testwahn ab, ohne jedoch viel dazuzulernen. Anders ausgedrückt, durch tägliches Wiegen ist noch keine Mastsau fett geworden – kein übergewichtiger Mensch hat sich jemals schlankgewogen. Aber das wissen wir ja. Und wer der Obrigkeit tatsächlich noch so viel freundliches Zutrauen entgegenbringt, daß er mit der vielzitierten schulischen „Autonomie“ ein Stück Freiheit am schulbehördlichen Horizont heraufdämmern sieht, möge diese kleine Geschichte zum Geleit in den neuen Schulmorgen mitnehmen: Unsere ministeriell bestallte Oberwissenschaftlerin Ute Bodenkrank-Delir hält sich zur Beobachtung und Dressur weiße Mäuse im Käfig. Sie stellt den possierlichen Tierchen eine Aufgabe: Diese bekommen erst dann Futter, wenn sie auf einen kleinen Knopf drücken, der eine Klingel auslöst. Nach wenigen Tagen der Irritation klappt das ganz gut. „Toll“, sagt da eine Maus zu den anderen, „habt ihr das gesehen? Die Ute ist prima dressiert! Immer wenn ich klingele, bringt sie mir ein Stück Käse in den Käfig!“
Karin Pfeiffer Karnevalsmontag 2007 PS: Wenn Sie mich fragen - aber Sie fragen mich ja nicht ... ich sag's trotzdem: Lassen Sie sich nicht zuviel gängeln. Nur ein freier Lehrer ist ein guter Lehrer. Haben Sie nicht einmal der Kinder wegen den Beruf des Pädagogen ergriffen? Na also. Dann lassen Sie die da oben doch ihre Dressurspielchen machen. Käse können Sie sich auch im Käseladen kaufen, dazu reicht das Lehrergehalt allemale noch. |