Sehr geehrte Frau W.,
wir müssen zunächst folgendes feststellen: Eine gute Lesefertigkeit ist das Ergebnis aus Konzentration und Übung. Ihr Sohn dürfte, wie die meisten heutigen Kinder, bereits an einem Übungsmangel leiden. Dazu kommt eine Konzentrationsschwäche durch Reizüberflutung. Aufgeschreckt durch den Rückgang der allgemeinen Lesefertigkeit bei unseren Schulkindern, haben unsere Schulbehörden, die sich von »Experten« beraten lassen, den wenig glücklichen Entschluss gefasst, die Kinder sogleich mit seitenlangen Texten zu konfrontieren, wobei sie auch noch Antworten formulieren sollen! Man muss sich dabei vor Augen führen, dass seit Jahren an der Schule das Ganzheitliche nicht mehr gepflegt wird: Lückentexte sind die Regel, die Schüler haben nicht viel mehr zu tun als Kreuzchen machen oder einzelne Buchstaben bzw. Wörter in Kästchen einzusetzen. Und nun sollen sie plötzlich ganze Texte lesen und Antworten dazu formen. Woher sollen sie das denn können? Zu erkennen, wo der Fehler liegt, ist ein erster Schritt, um es künftig besser zu machen. Ich rate Ihnen deshalb fürs erste zu Gelassenheit. Betrachten Sie dieses Problem zunächst als eines der modernen Unterrichtslehre, die das Kind mit dem Bade ausgeschüttet hat. Nur wenige Lehrer, meist solche von »altem Schlag«, geben nichts auf die fortschrittlichen Thesen und üben auch weiterhin, sehr zum Vorteil für jene Kinder, die dabei die grundlegenden Kulturtechniken besser erlernen können. Ihr Sohn ist weder unwillig noch dumm. Er ist, wie viele andere Kinder auch, ein Opfer eines Unterrichts, der das Üben als überflüssige Zeitverschwendung betrachtet. Bleiben Sie aber nicht bei der entlastenden Erkenntnis stehen – denn Ihr Sohn wird in diesem Schulsystem zurechtkommen müssen, und er wird das auch schaffen, vorausgesetzt, Sie bieten ihm zu Hause das, was in der Schule versäumt wird. Wichtig ist die Hinführung zum Buch. Lesen, Vorlesen, Schreiben. Alles Üben sollte stets regelmäßig erfolgen, nicht lange dauern und in einer angenehmen häuslichen Atmosphäre der Ermutigung stattfinden. Erfolg wird sich allmählich einstellen, oft anfangs unbemerkt. Man benötigt unendlich viel Geduld, um sprachliche Defizite aufzuarbeiten. Bevor das Kind ganze Sätze schreiben kann, muss es ganze Sätze sprechen können! Vernachlässigen Sie deshalb das Sprechen nicht! Das Sprechen kann man tagsüber pflegen. Fernseher ausschalten! Konsequentes Üben über lange Zeit hinweg, sparsamer Einsatz von modernen Medien (Fernsehen, Computer), mehr kann ich nicht raten. Das Kind schreibt unbedingt mit der Hand! Die kleinen, runden Bewegungen verhelfen dem Gehirn zu besseren Merkleistungen. Tippen auf der Tastatur bewirkt kaum eine Verbesserung beim Lesen und Schreiben. Handschreiben macht klug. Konkret rate ich Ihnen das Üben mit folgenden Materialien: 1. Verbesserung des sinnerfassenden Lesens und der Fähigkeit, Antworten in ganzen Sätzen zu geben Ritter und Burgen, Lernheft (Best.-Nr. 125) Das wird Ihren Sohn interessieren. Lesen Sie die Texte kapitelweise gemeinsam. Fragen sie Ihren Sohn nach dem Gelesenen, lassen sie ihn das Gelesene nacherzählen. Das schult die allgemeine Ausdrucksfähigkeit. Wichtig ist das gemeinsame Gespräch! Mein Freund Ringo, Lektüre und Literaturblätter (Best.-Nr. VH 9161 und 186) Eine hübsche Geschichte von einem Jungen, die sicher ebenfalls für Ihren Sohn geeignet scheint. Ideal ist die Kombination Lesen + Üben, wie sie hier praktiziert werden kann. Es zielt alles auf Textverständnis, Wortschatz und Ausdruck. Gibt es eine kurzweiligere Methode zum Üben der Sprache? Wohl kaum.
2. Aufsatzschreiben Das Schreiben von Aufsätzen allein gelingt schon besser, wenn viel gelesen wird. Jungen lesen im allgemeinen weniger gern als Mädchen. Wir wollen auch keinen Schriftsteller aus Ihrem Sohn machen, aber verbessern kann er sich durch Lesen (siehe oben) und einschlägige Übungen. Ich empfehle: So schreibe ich einen guten Aufsatz Aufsatztrainer, Lernheft (Best.-Nr. 234)
Die Beschreibungen können Sie unserem Shop entnehmen, wenn Sie den Links folgen. Natürlich gibt es auch noch andere Hefte, die zum Üben sehr gut geeignet sind, zum Beispiel das Lesetraining, oder die Aufsatzserie »kinderleicht«. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Sohn viel Erfolg – seien Sie geduldig, glauben Sie an das Kind: es wird nicht von heut auf morgen zum Superstar werden. Aber es werden sich Erfolge zeigen, wenn die Weichen richtig gestellt sind. Ihre Karin Pfeiffer |