Die Seele und Seelenkräfte Aus einem Lesebuch für Schulen Anno 1805 (Diesem Textabschnitt voran stehen Betrachtungen über das Wesen von Pflanzen und Tieren.) Ich kann noch mehr, ich kann reden, das kann ein Thier nicht; ich kann die Ursache und Wirkung von etwas begreifen, oder warum etwas so und nicht anders ist; z.B. ich kann begreifen, warum es jetzt warm in der Stube und kalt auf der Straße ist; warum man die Kinder in die Schule schickt, warum man ackert und pflügt, und düngt und sät. Ich begreife, daß man nichts weiß, wenn man nicht lernet, daß manche Menschen arm sind, weil sie nicht arbeiten wollen, daß man gemeiniglich in Verachtung geräth, wenn man sich schlecht aufführt. Wie die Saat, so die Erndte! Ich kann es leicht begreifen, wenn ich über Ursache und Wirkung nachdenke, was nützlich und was schädlich ist – was man thun und nicht thun soll; was gut und was böse, Recht oder Unrecht ist, d.i. ich habe Vernunft; ein Thier hat keine Vernunft. Ich habe auch einen freien Willen, und kann thun, was mir wohlgefällt. Allein alles, was mir wohlgefällt und angenehm ist, thue ich deswegen doch nicht, weil manches in der Folge schmerzt, Schaden, Reue, Schande etc. bringt; weil manches andern zum Nachteil und mit Recht zuwider wäre etc. Was du nicht willst, daß man dir thu', das füg' auch keinem andern zu. Ich darf nichts thun, was unrecht ist.
Quelle: Neuestes ABC-Buchstabier- und Lesebuch für die Gräflich-Erbach-Schönbergischen Landesschulen; Darmstadt, im Verlag bei Ludwig Karl Wittich, Landgröfl. Hof- und Kanzleibuchdrucker 1805 Preiß: 5 1/ Kreuzer - gebunden: 6 Kreuzer |