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Das Ende der Rechtschreibung

 
18. Januar 2011
Das Ende der Rechtschreibung
Kategorie: Schriftkultur
 

Die Entropie der Schrift

Im Kosmos wirken zwei gegenläufige Kräfte: das ist zum einen die Syntropie, eine aufbauende Energie, welche hilft, die vorhandene Ordnung zu bewahren. Gleichzeitig gibt es eine Tendenz zur Entropie, welche zu Unordnung und Verfall neigt. Auch in der menschlichen Gesellschaft wirken Syntropie und Entropie, jeweils in unterschiedlichem Maße und auf unterschiedlichen Sektoren. Alles ist stets im Flusse — Aufbau und Abbau finden gleichzeitig statt.

Im Jahre 2003 erschien zu diesem Thema im dtv-Verlag ein Buch mit dem Titel »Das Ende der Zivilisation«. Anders als der düstere Titel es nahelegt, ist die Lektüre beinahe vergnüglich, denn der Autor — der Soziologe Manfred Wöhlke — trägt Nachdenkenswertes mit bissigem Humor vor.

Zur sogenannten Rechtschreibreform lesen wir auf Seite 231:

Bei der Rechtschreibreform »handelt es sich um einen politischen Flop allerersten Güte. Die erklärte Absicht bestand darin, daß die Rechtschreibung vereinfacht werden sollte. Auf die Nachfrage, warum man dies eigentlich tun solle, kam nach vielen Windungen als letztes kümmerliches Argument, daß Volksschüler dann weniger Fehler machen würden. Dieses Argument sagt eigentlich schon alles. Paradoxerweise machen die Volksschüler jetzt mehr Fehler als vorher, aber das fällt nicht auf, weil die Lehrer die neue Rechtschreibung selber nicht beherrschen. Die ganze Reform war unnötig, wurde fadenscheinig begründet, steckt voller Widersprüche und hat ein beispielloses Chaos produziert. Heute schreibt jeder, wie er will, was gleichbedeutend mit einem Zustand hoher Entropie ist. Positiv hat sich die ganze Veranstaltung lediglich für den Duden- und den Bertelsmann-Verlag ausgewirkt. Inzwischen erleben wir die heimliche Reform der Reform, in kleinen Etappen. Besser wird sie dadurch nicht.«

 
 



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