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Moderne Unterrichtsmethoden - ketzerische Gedanken

 
10. August 2009
Moderne Unterrichtsmethoden - ketzerische Gedanken
Kategorie: Besser lernen

Fröhliche Fehlersuche

Vorbilder sind out. Das reproduzierende oder nachahmende Lernen ist so gut wie abgeschafft. Der moderne Schüler hat die Aufgabe, schon beim ersten Lernschritt zu erkennen, ob das, was ihm vor das Auge springt und an sein Ohr dringt, richtig oder falsch ist. Zu diesem Zweck werden ihm von außerordentlich dummen Lehr- und Übungsbüchern bewußt fehlerhaft gestaltete Konstruktionen unter die Nase gehalten.

Beispiel Rechtschreibung. Dem lernenden Kind wird ein Text unterbreitet, der listig angereichert ist mit einer erklecklichen Zahl orthographischer Fehler. Das Kind, dem das richtige Schreiben noch recht schwer fällt, weil es weder Erfahrung besitzt noch sonstige Vorkenntnisse mitbringt, soll sämtliche Fehler entdecken, dingfest machen und sie auch noch korrigieren! Der Schüler soll richtig machen, was er gar nicht kann, weil er es erst lernen muß.

Die eben beschriebene Methode ist gängige Praxis im modernen Unterricht.

Das Ergebnis ist eine auf gut Glück ratende und auf Befragen findig daherfaselnde Schülergeneration; die eine Hälfte selbstzufrieden über alle Unsicherheit beherzt hinwegschreitend, die anderen voller Zag und Selbstzweifel unter Selbstlähmung eigener Kräfte. Beide Charaktere aber bar aller Fähigkeiten und Kenntnisse. Während die Selbstbewußten die eigene Wissenskluft überspielen mit Protzerei und quacksalberndem Auftreten, ziehen sich die Zaghaften und Bescheidenen ins seelische Schneckenhaus zurück und halten sich für hoffnungslos dumm.

Weiß nicht jedermann aus eigenem Erleben: man lernt nur vom Vorbild! Wir schauen, wie es die anderen machen. Und wir wissen: vom guten Vorbild lernt man Gutes, vom schlechten Vorbild Schlechtes. Weshalb nur, zum Teufel, legen wir unseren Kindern denn Texte mit Fehlern vor — die schlechtesten aller Vorbilder? Sollte dies eine Art spaßpädagogisches Spiel sein, so ist es doch ein außerordentlich törichtes Spiel. Eines, das dem Kinde nachhaltig schadet. Darf man so weit gehen zu behaupten, daß die pseudofröhliche Art der »Ratepädagogik« gar keine Pädagogik sei, sondern die kleinkarierte Beckmesserei laienhaften Wissenschaftsverständnisses?

Nobody is to blame. Niemand will bewußt das Schlechte. Aber: auch Unbedachtheit richtet Schaden an, gelegentlich sogar größeren als der böse Wille.

Karin Pfeiffer

 


Kommentare zu diesem Beitrag:
von Friedlinde Hüther (29. September 2009, 12:38):
Was mit Kindern geschieht - besonders auch in der Pädagogik - kann nicht tief genug durchdacht werden. Es ist das, was wir weitergeben an die nächste Generation.
In einer Welt voller Oberflächlichkeit färbt diese als Vorbild auf die Kinder ab.
Ändern wir uns, indem wir selbstbewußt hinterfragen und mit dem Denken anfangen!
Friedlinde Hüther
 



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