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Abstrakte Schmerzen tun nicht weh

 
19. Februar 2013
Abstrakte Schmerzen tun nicht weh
Kategorie: Besinnliches
 

Wir leiden nicht unter Bauchschmerzen, wenn wir keine haben. Das ist jedem klar und überflüssig zu sagen. Oder doch nicht? Kürzlich las ich in einem sehr interessanten Buch mit dem Titel »Die Logik des Misslingens« die folgenden Sätze: 

»Jemand, der starke Kopfschmerzen hat und davon gequält wird, wird vermutlich gern zu einem Mittel greifen, welches die Kopfschmerzen beseitigt, selbst wenn als Nebenwirkungen Bauchschmerzen angekündigt werden. Die Kopfschmerzen sind real, die Bauchschmerzen abstrakte Zukunft – und werden vermutlich, solange sie nicht vorhanden sind, gern in Kauf genommen werden. Wenn sie aber einmal da sind, wird sich alles umkehren. Um die quälenden Bauchschmerzen loszuwerden, wird man bald zu einem Mittel greifen, welches ebendiese beseitigt, aber Kopfschmerzen produziert.«
(Seite 100)
 

Damit stecken wir in der Zwickmühle, bei der wir zwischen Kopf- und Bauchmerzen hin und her pendeln. Liegt nur genügend Zeit zwischen der »Kopfschmerzbekämpfung« und den ersten Symptomen der »Bauchschmerzen«, so werden die Wechselwirkungen nicht mehr als Ursache erkannt. Zahlreiche politische Eingriffe in die gesellschaftliche Wirklichkeit erzeugen langfristig unerwünschte Nebenwirkungen, die zwar bekannt sind, aber die, weil in abstrakter Ferne liegend, hingenommen werden in der vagen Hoffnung, so schlimm werde es schon nicht kommen. Millionen Raucher denken so. Und die Trinker tun es ihnen gleich. Auch Beispiele aus der Nationalökonomie, des Staats- und Gemeinwesens und der Politik gibt es zahlreich. Ein staatlicher Eingriff wird »Reform« genannt: Gesundheitsreform, Schulreform, Rechtschreibreform, Währungsreform, Agrarreform, Wirtschaftsreform, Familienreform, Steuerreform ... Und das funktioniert so: Ein Loch auf, das andere zu — bzw. Kopfschmerzen hie, Bauchschmerzen da. Ist doch ganz normal. Oder etwa nicht?

 
  Das SPÄTER ist gar zu abstrakt. 
   
 Dietrich Dörner: Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2003 

 



Kommentare zu diesem Beitrag:
von Marion (20. Februar 2013, 22:27):
Wie immer anschaulich, logisch und nachdenklich machend.
Vielen Dank dafür!
 

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