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Herdenmentalität und Konformismus

 
28. April 2011
Herdenmentalität und Konformismus
Kategorie: Erziehung

Herdenmentalität und Konformismus:
Die fauligen Früchte einer modernen (Nicht)Erziehung

Der Verzicht auf die Ausübung natürlicher Autorität in der Erziehung hat fatale Auswirkungen. Der kausale Zusammenhang wird oft nicht erkannt, hauptsächlich wegen der langen Zeitspanne, die zwischen Erziehungspraxis und Verhaltensabweichungen liegt. Auch Mobbing und Aggressivität sind Folgen der mentalen Entwurzelung, welche durch erzieherische Schwäche und Wegschauen der Erwachsenen gefördert wird. Zur sogenannten »antiautoritären Erziehung«, welche heute in weiten Kreisen immer noch, wenn auch unter anderen Bezeichnungen, praktiziert wird, schreibt Wolfgang Brezinka folgendes:

Es scheint ferner festzustehen, daß zumindest ein extrem permissiver Erziehungsstil die Aggressivität der Kinder fördert, während die Verbindung von Einschränkung ... und Wärme den geringsten Grad von Aggressivität hervorbringt. Vor allem aber hat sich gezeigt, daß extrem permissive Erziehung im Gegensatz zu den Erwartungen nicht Ich-Stärke, sondern Herdenmentalität und Konformismus begünstigt. Wenn der Erzieher den Educanden keine oder nur wenige Grenzen setzt, dann werden die Normen von der Gruppe der Altersgenossen bestimmt. Sie sind dann meistens unklar und unbeständig, aber der einzelne muß sich dem Druck der Gruppe fügen, will er nicht als unkooperativ erscheinen. Dieser Zwang zur Unterwerfung unter die Gruppe kann für den Erwerb von »Mündigkeit« ein viel größeres Hemmnis sein als ein strenger, aber wohlwollender, bejahender, partnerschaftlicher Erziehungsstil. Der unerträgliche Konformismus, den die amerikanische Neue Linke an ihrer Gesellschaft kritisiert, scheint weitgehend das Ergebnis der persmissiven Erziehung zu sein, die in den USA seit langem üblich ist.

aus: Wolfgang Brezinka. Die Pädagogik der Neuen Linken. Ernst Reinhardt Verlag 1972, Seite 169

 
 

 



Kommentare zu diesem Beitrag:
von A.S. (28. April 2011, 03:15):
..*gähn*.. ..ein Text von 1972..

Aber um inhaltlich darauf einzugehen:

In dem Textauszug wird gesagt, dass eine anti-autoritäre (permissive) Erziehung den Erwerb von Mündigkeit behindere und statt dessen eine "Herdenmentalität" und "Konformismus" begünstige.

Dass dieser 1972 in den USA diagnostizierte "unerträgliche Konformismus" auf eine anti-autoritäre, permissive Erziehung (wie sie in den 60-er Jahren im folge der Hippie-Bewegung aufkam) zurückzuführen sein soll, verwundert doch sehr.

Neben diesem zeitlichen Aspekt der von den damaligen "Neuen Linken" kritisierten gesellschtlichen Situation - also "Konformismus" (und also auch "Herdenmentalität") weiter Teile der amerikanischen Gesellschaft - ist auch die inhaltliche Argumenation nicht stimmig.

Die Konformität ist doch eben nicht hervorgerufen worden durch eine permissive Erziehung (der 60-er Jahre), sondern durch autoritäre, spießbürgerliche und Bedürfnisse unterdrückende Erziehungs- und Herrschaftsformen.

Ich frage mal:
Wird Mündigkeit nicht viel eher dadurch gefördert, dass Kinder (Menschen) sich demokratisch, von Angesicht zu Angesicht, auf Werte vertändigen? Werden nicht durch autoritäre Verfahren vielmehr Wege und Diskussionen frühzeitig verschlossen, die möglicherweise zu einem fruchtbaren Ergebnis geführt hätten? Mündigkeit kriegt man nicht von oben verordnet - Mündigkeit muss man sich erarbeiten.
 
von Markus Hüppe (03. Mai 2011, 18:46):
*Gähn*?

Sehr geehrter A.S., sind pädagogische und gesellschaftskritische Texte schon deshalb langweilig oder gar falsch, weil sie vor 30 Jahren verfasst worden sind? Müssen wir - *gähn* - jetzt alle Literatur, die aus dem letzten Jahrhundert stammen, oder sogar noch älter sind, in die Mülltonne entsorgen? Gelten die Erkenntnisse eines Aristoteles nichts? Sind die Weisheiten Goethes überholt? Oder gibt es etwa doch so etwas wie zeitlose Wahrheiten? Das sei nur mal so am Rande gefragt.

Aber bleiben wir bei Ihrem Einwand. Sie lehnen die Argumente des Erziehungswissenschaftlers Wolfgang Brezinka allein deshalb ab, weil seine Bücher älteren Datums sind. Lassen wir das so stehen.

Inhaltlich setzen Sie sich dann doch mit dem Autor auseinander. Sie meinen, bezüglich des gesellschaftlichen Konformismus argumentiere Brezinka „nicht stimmig“. Eine nähere Begründung dafür bleiben Sie schuldig. Sie deckeln das mit der Behauptung: Konformität sei durch „autoritäre“ Erziehungs- und Herrschaftsformen hervorgerufen worden. Da sind Sie aber, tut mir leid, das so sagen zu müssen, irgendwo im vergangenen Jahrhundert an einem rostigen Zeitnagel hängengeblieben. Da haben Sie etwas nicht mitbekommen, befürchte ich. Es weht längst ein recht knackiger Wind in den Schulstuben, von autoritärem Muff keine Spur!

Ihre abschließende Frage, so es denn eine ist, will erst durch eine Gegenfrage präzisiert sein. Was meinen Sie mit „von Angesicht zu Angesicht auf Werte verständigen“? Sind Moral und Sitte denn neuerdings Verhandlungsgegenstände, auf die sich schon Kleinkinder diskursiv einlassen müssen, wenn sie mündig werden wollen? Unter dem Motto: Das müssen wir aber erst einmal diskutieren! ist seit mindestens 4 Jahrzehnten jeder Schulbetrieb rundgelaufen! Ei, wo finden wir denn da die von Ihnen drohend hervorgeholte „spießbürgerliche unterdrückende Herrschaftsform“? Ihre Ideale, geschätzter A.S., sind längst verwirklicht!
Und jetzt? Es müßte nachgerade wimmeln in Deutschland vor zivilcouragierten, mündigen, tüchtigen, gebildeten Bürgern! Die Absolventen der Beliebigkeitspädagogik mit endlosen Diskussionen und grenzenloser Toleranz „von Gesicht zu Gesicht“ sind heute 50, 40, 30 Jahre alt!

*Gähn*!
 
von Ursula Prasuhn (05. Mai 2011, 08:59):
Sie sprechen mir aus der Seele, sehr geehrter Herr Hueppe, waehrend mich die realitaetsferne Meinung von A.S. auf die Palme bringt. Leider haelt sich der Irrglaube an alles Neue und damit Bessere so hartnaeckig, dass ihm kaum beizukommen ist. Obwohl die Menschheit seit Ewigkeiten Erziehung kennt und reich ist an Erfahrungswissen, tun viele gern so, als koennten wir das Rad zum Wohle des Kindes immer neu erfinden. Waere das so, muesste jede Generation besser sein als ihre Vorgaenger. Und da frage auch ich mich, wo sie denn ist, die Menge an couragierten, muendigen und gebildeten Mitbuergern, die durch Palaver - sprich Diskutieren - menschliche Reife erlangt und einen festen Charakter erworben hat. Stattdessen stimme ich Thea Dorn zu, wenn sie sagt: "Grassierende Rueckgratlosigkeit halte ich fuer eins der groessten Uebel unserer Zeit."
Anti-autoritaere Fuehrungsstile bringen denn auch eher Maulhelden als gestandene Persoenlichkeiten hervor. Jedenfalls fuehle ich mich von Maulhelden wie etwa den sogenannten Gutmenschen reichlich umgeben.

Ursula Prasuhn


 
von Angelika B. (20. Juli 2011, 23:44):
Wohl wahr, Frau Prasuhn. Vielen Dank für Ihre offenen Worte. Mir geht es genauso.
 

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