Geduld ist eine Haltung und zugleich Handlung. Sie muss erworben werden und ist ein stetiger Akt der Selbstüberwindung, sagt Peter Heintel in seinem Buch „Innehalten“ (Innehalten, Gegen die Beschleunigung - für eine andere Zeitkultur, Herder Verlag, Freiburg 1999) Geduld ist Selbstüberwindung. An Geduld fehlt es nicht nur Kindern, sondern auch uns Lehrern. Wir fühlen uns als Wissende und „wähnen uns schon an den Ort angelangt, wohin wir die Schüler, die Studenten hinbringen wollen. Wir treten also anscheinend auf der Stelle, während andere noch mühsam Hindernisse bewältigen müssen. Ihre Mühe werten wir oft als Widerstand, als gegen uns und unser Bestreben gerichteten Angriff. Oder wir legen als Begriffsstutzigkeit aus, was sich auf unfreiwilligen Umwegen plagt. Der schon Wissende versteht nicht mehr, wie schwer es ist, in seinen Bezirk zu kommen, für ihn ist alles so klar, so evident, so einsichtig. Seinen eigenen Weg hierher hat er vergessen und nimmt in ihm kein Maß für andere. Vielleicht will er ihnen auch eigene Plagen ersparen und den Königsweg legen. Weitergabe soll eben eine Gabe sein, der man ihr Zustandekommen, ihre Geschichte nicht mehr ansieht. Gabe erwartet Dank - eine Form davon ist schnelles Begreifen und Nachvollziehen. Der Weg zum Wissen ist aber verschlungen, und man lernt nie in Resultaten. Zusammengepackte Einzelportionen, die so als Ende dastehen, sind nicht genießbar, und stark ist die Verführung zur Zerstreuung.“ (Heintel ) Ohne Muße gibt es kein Nachdenken. Blinder Aktionismus und Vernunft sind ein Widerspruch. Ohne Vernunft aber ist keine Zukunftsplanung möglich. Auch die Frage nach dem Gut oder Böse, dem Richtig oder Falsch kann ohne Nachdenken nicht mehr beantwortet werden, ja sie wird übehaupt nicht mehr gestellt. Wir müssen uns darüber im klaren sein, dass hiermit der Weg in die Kulturlosigkeit, in die Barbarei beginnt. |
Gottes Mühlen mahlen langsam, so heißt ein überliefertes Sprichwort. Es stammt aus der Zeit, in der die Herstellung des täglichen Brotes noch viel Arbeit, Zeit und Geduld verlangte. In unserer modernen Welt muss niemand warten, ehe er sich an Brot sattessen kann. Alles ist jederzeit verfügbar. Wird dies so bleiben? Die Herstellung gewisser Güter ist auch heute zeitraubend und mühsam, nach wie vor. Dazu gehören geistige Güter und Tüchtigkeit im praktischen Handeln. Ob Sport, Musik, Handwerken oder akademisches Studium: wahrhaftiges Lernen ist nicht leichter geworden, und schneller geht es auch nicht. Arbeitsteilung (Gruppenarbeit), schablonierte Aufgabenstellungen (Multiple Choice usw.) und schließlich der Computer verhelfen nur scheinbar zu schnelleren Ergebnissen. Verständnis erwächst nur dem, der sich auf das Üben einlässt. Und dazu braucht man Zeit und Geduld. Ein hohes Tempo mag in einigen Lebensbereichen von Vorteil sein sein, beim Lernen ist es von Übel. Das dürfen wir nicht vergessen. Verena Katerle
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