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Multiple-Choice-Tests in der Pädagogik: Sinn oder Unsinn?

 
28. März 2011
Multiple-Choice-Tests in der Pädagogik: Sinn oder Unsinn?
Kategorie: Schule

Das Multiple-Choice-Verfahren (kurz: MC) (deutsch: mehrfache Auswahl im Sinne von mehreren Möglichkeiten, die zur Auswahl stehen) ist ein statistisches Verfahren zur Datenerhebung.
Aufgrund der relativen Einfachheit in der Auswertung, wird es gern bei Tests bzw. Prüfungen verwendet, aber auch bei qualitativen Befragungen in der Sozialforschung. Hierbei werden zu einer Frage oder Feststellung verschiedene Antwortmöglichkeiten vorgegeben, aus denen der Befragte eine oder mehrere auswählen muss, die er für richtig hält.
Meist stehen drei oder vier Antwortmöglichkeiten
zur Auswahl, es können aber auch wesentlich
mehr sein.

Wie viele Bundesländer gehörten zur Bundesrepublik Deutschland?
Kreuze die richtige Antwort an:

13
12
16
10

Multiple-Choice in der Schule
Frageverfahren mit Mehrfachantworten, von denen die richtige Antwort erkannt und angekreuzt werden soll, kommen aus der Statistik. Schon lange haben sie in die Schule Eingang gefunden. Beliebt sind sie vor allem deshalb, weil sie rasch auszuwerten sind.
Der Arbeits- und Zeitaufwand für die Erstellung von sinnvollen MC-Aufgaben ist jedoch groß. Um die zur Wahl stehenden Antworten so formulieren zu können, daß der Prüfling nicht sofort die richtige errät, sind Sachkenntnis und Formulierungsgeschick unabdingbar. Viele in der Schule verwendete MC-Aufgaben überzeugen schon allein deshalb nicht, weil sie aufgrund mangelhafter Konstruktion das Denkvermögen der Kinder nicht herausfordern. Inzwischen wird gern auf außerhalb von Schulen durch Experten »tellerfertig« zubereitetes Material zurückgegriffen. Mit individualisierendem Unterricht hat das nichts mehr zu tun. 

Mehrfach-Auswahl-Verfahren als Lernmethode
In zahlreichen Lernmaterialien — und besonders in Software-Lernprogrammen — finden sich Multiple-Choice-Aufgaben. Sie werden ausdrücklich zum Lernen angepriesen: leicht, rasch und unterhaltsam soll es sein. Die Werbung verspricht: Nur ankreuzen oder anklicken und fertig!
Fertig: gewiß — aber was ist denn da fertig? Bedeutet »fertig mit der Aufgabe«, daß das Wissen im Kopf des Schülers angelangt ist?
Das technokratische, den Menschen als Reiz-Reaktions-Maschine mißbrauchende Multiple-Choice-Verfahren mag seine Berechtigung dort haben, wo es herkommt: in statistischen Umfragen. Für die Pädagogik ist MC ein mehr als zweifelhaftes Instrument. Zum Lernen taugen es keinesfalls.
Lernen, wie ich es verstehe, ist umfassendes geistiges Training, bei dem vor allem die sprachliche Kompetenz stets mittrainiert wird. Mündliche und schriftliche Kompetenz ist ohnehin die Grundlage für alles kulturelle Schaffen. Das zunehmende Defizit unserer Schüler im sprachlichen Bereich ist es doch gerade, das heute landauf, landab quer durch Parteien und Positionen beklagt wird! Darin sind sich alle einig: Unsere Schüler sollen wieder besser lesen, sprechen und formulieren können.

Zum sprachlichen Formulieren erziehen heißt Denken lehren
Durch bloßes Ankreuzen von vorgegebenen Antworten erziehen wir keinen Schüler zum Denken. Zum Denken ist Sprache nötig. Sprache, die sich nicht nur in zur Normung geeigneten, achtlos hingeschmissenen Antwortbrocken äußert. Diese »Brocken« können nur dann Bestandteil einer humanistischen Bildung werden, wenn wir die Sprache mit den ihr innewohnenden Mitteln auch pflegen: Auf offene Fragen sorgfältig formulierte Antwortsätze bilden, ganzheitlich Denken im Zusammenhang. Was wurde von unseren Großeltern in der Schule verlangt? »Antworte in ganzen Sätzen!« Das ist keine veraltete Forderung. Sie ist hochmodern. Und der Schlüssel zum Erwerb sprachlicher Kompetenz. Multiple-Choice-Verfahren und alle ihr ähnlichen Lückenübungen müssen aus dem pädagogischen Alltag verschwinden, wenn es uns ernst ist mit der Bildung unserer Kinder.

Das Auswerten von Schülerarbeiten wird dann aber aufwendiger ...
Diesen Mehrverbrauch an Zeit sparen wir ein, wenn wir auf die mühsame Konstruktion der Mehrfach-Antworten verzichten. Außerdem: Möchten wir denn nicht wissen, was unsere Kinder WIRKLICH denken und sprachlich vermögen? Das erfahren wir nur, wenn wir sie offene Fragen in ganzen Sätzen beantworten lassen. Die alte, gute Methode des offenen Antwortens auf offene Fragen ist dem angeblich »wissenschaftlichen« Prüfkonzept in Form genormten Schablonendenkens turmhoch überlegen. Kauen wir doch nicht alles vor!
Lassen wir unsere Kinder selber denken!

Karin Pfeiffer

 
 


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